Im März 2012 reise ich mit Kathrin nach Burkina Faso. Ein Freund von mir, Professor Rainer Sauerborn, ist der Chef vom Institute of Public Health (vormals Tropeninstitut) der Universität Heidelberg – leitet seit über zehn Jahren ein Forschungsprojekt in Burkina Faso, das von der WHO, der DFG, den Universitäten Harvard und Heidelberg und dem Land Baden Württemberg finanziert wird. Dieses Projekt (übrigens weltweit und nicht nur in Burkina) untersucht vereinfacht gesagt die Auswirkungen der Lebensumstände einer Bevölkerung auf die öffentliche Gesundheit und die daraus resultierende mögliche Unterstützung zur Veränderung der Lebensumstände respektive der Umweltsituation.
Ein Beispiel :
In Burkina ist die Inzidenz der Malaria tropica sehr hoch. Die Bevölkerung, die sehr weit verstreut in kleinen Dörfern in relativer Armut lebt, mit Moskitonetzen und Medikamenten zu versorgen ist logistisch und informationsbegleitend sehr schwierig. Denn gerade in den Stunden ab Sonnenuntergang, in der die Anophelesmücke sehr aktiv ist, spielen die Kinder noch draußen und die Erwachsenen sind auf den Feldern. Da nützen Netze wenig, denn bis die Kinder im Bett sind wurden sie bereits gestochen. Und da jede 20ste Mücke infiziert ist, kann sich auch der Laie vorstellen wie hoch die malariabedingte Kindersterblichkeit ist. Innerhalb dieser Studie wurden nunmehr Satellitenaufnahmen eines europäischen Meteosat ausgewertet, die flächendeckend die Wasserstellen zeigen, die als Brutstätte dienen können. Dafür wurden in der Studie bestimmte Parameter erforscht.
In Deutschland wurde vor ein paar Jahren ein biologisches Substrat entwickelt, das im Frühsommer in die stehenden Rheinarme verbracht wurde und die Larven der Stechmücken vor dem Schlüpfen abtötet.
Dieses Substrat wurde daraufhin innerhalb der o.a. Studie in Burkina eingesetzt und hat auch bei der Bekämpfung der Anophelesmücke funktioniert! Zur Zeit wird dieses biologische Insektizid noch mit Allradfahrzeugen an die Wasserstellen gebracht – ein resourcenraubendes und ineffektives Verfahren. Wir suchen jetzt nach Möglichkeiten, dieses Procedere zu optimieren und da wird auch an den Einsatz von Tragschraubern (Gyrokoptern) gedacht.
Aber jetzt von der Malaria zu den Zähnen! In der gesamten Studie gibt es keine Sektion „oral health“ und natürlich ist auch Rainer daran interessiert diesen Aspekt mit aufzunehmen. Vom Stützpunkt des Projekts in Nouna aus, bin ich daraufhin mit ein paar Mitarbeitern der staatlichen Gesundheitsbehörde in die Outbacks gefahren und habe eine kleine stichprobenhafte Reihenuntersuchung bei Patienten verschiedener Altersgruppen vorgenommen. Wir haben den DMFT Status erhoben und kurz ausgewertet.
Karies ist hier, im Gegensatz zu Brasilien, ein deutlich kleineres und fast schon zu vernachlässigendes Problem. Die Hauptursache der Zahnverluste liegt eindeutig bei Parodontalerkrankungen und da fällt der extreme Zahnsteinbefall der Patienten auf.
Aufgabe der AZB Plus könnte es sein, örtliche „ dental hygenists“ auszubilden und für eine Minimalausrüstung in den überall vorhandenen Gesundheitsstationen zu sorgen, mit der vor Ort Zahnstein entfernt werden kann. Damit wäre ein Großteil der Probleme beseitigt.
Ferner gibt es in der Stadt Nouna ein Bezirkskrankenhaus, das auch über eine zahnärztliche Einheit verfügt. Da es keine Zahnärzte gibt hat man an der Universität in Ouagadougo Hauptstadt von Burkina) „Zahnpfleger“ ausgebildet, von deren Fähigkeiten ich mich überzeugen konnte. Die machen all das, was hierzulande zahnärztliche Kollegen machen: von Endo über Füllungen , von verlagerten Weisheitszähnen! bis zu kleinen selbst polymerisierten Prothesen. Allerdings ist bei dem chronischen Geldmangel (Burkina Faso gehört zu den ärmsten Ländern der Welt) die Ausstattung mehr als rudimentär.
Denn wenn Geld vorhanden ist, fließt das verständlicherweise zunächst einmal in allfällige Tropenerkrankungen. Auch in der Frage der Ausstattung kann die AZB Plus vielleicht hilfreich sein. Ihr könnt Entbehrliches zunächst zu mir schicken; ich kann diese Sachspenden regelmäßig Rainer Sauerborn oder einem seiner Mitarbeiter mitgeben.
Das war mal ein kleiner Überblick über unseren Trip nach Burkina Faso.
Dr. Jörg Schmoll aus Burkina Faso / Afrika, 2012